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Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt - 23.09.2008 - Uta Jostwerner

Zufriedengestellt auf hohem Niveau

Studiochor begeistert bei seinem Jubiläumskonzert

Man nehme von allem etwas: hier eine Prise majestätischen Prunks, dort ein Hauch elysischer Anbetung, ein Schuss göttlichen Jubelgesangs, eine nicht zu geringe Dosis nationalen Pathos' und – nicht vergessen! – eine gepfefferte Portion Humor. Heraus kommt eine „Night of the Proms" oder, wie im Falle des Studiochores, ein Jubiläumskonzert, das auf konventionell-unkonventionelle Weise sein Publikum zu begeistern wusste.

Aus Anlass seines 50-jährigen Bestehens hatte der Studiochor in der gut gefüllten Oetkerhalle nicht nur groß aufgefahren, sondern auch sämtliche Talente in die Waagschale geworfen. Als da wären eine im Laufe der Jahre erworbene stilistische Vielseitigkeit, hohe musikalische Präzision, eine ausgeprägte Singlaune sowie gute Kontakte zu ausgesuchten Ensembles und Solisten. Dass bei dem an die Werktreue gestellten Anspruch der Spaß und die Lust am Feiern nicht zu kurz kam, dafür sorgte mit Professor Joachim Thalmann, Musikpublizist an der Hochschule für Musik Detmold, ein ebenso eloquenter wie humorvoller Moderator, der wortwitzig und gewandt den losen Werkekanon verband.

Aber auch das zentrale Werk des Abends, „Der zufriedengestellte Autobus" eines gewissen P.P. Bach, sorge für Amusement auf hohem Niveau. Dahinter verbirgt sich eine musikalische Parodie auf Bach-Kantaten. Sie stammt aus der Feder des Wiener Domorganisten und Hochschulprofessors Peter Planyavsky, Pate stand die weltliche Kantate „Der zufriedengestellte Aeolus". Im Kantaten-Stil des Thomaskantors und unter Einbeziehung zahlreicher musikgeschichtlicher Zitate sowie neuzeitlicher Geräusche wird darin ein absurd-komischer Konfliktstoff aufgerollt. Er führt in die Touristenmetropole Wien. Die Protagonisten sind ein Fremdenführer (Christof Scheeben, Tenor), ein überforderter Polizist (Benjamin Heinen, Bass), eine Grünen-Aktivistin (Annabelle Heinen, Sopran) sowie ein Autobus voller Touristen (Chor). In überspitzten Rezitativen, Arien, Chören und Chorälen wird nicht nur die barocke Erzählweise liebevoll parodiert, sondern auch die Arbeit der Musikhistoriker gehörig aufs Korn genommen. Stilsicher und flexibel zugleich führte Martin Fugmann seine Mannschaft durch das wirre Geflecht der postbarocken Partitur. Wenn auch nicht explizit Altmeister Bach gefragt war, so bewies der Studiochor doch in den Chorälen feinstes Sentiment für eine nuancenreiche Ausgestaltung im Sinne der alten Schule. Gelernt ist gelernt.

Schließlich gehört die barocke Klangkunst zu einem Gebiet auf dem sich der Chor mehrfach und ernsthaft ausgewiesen hat. Untermalt wurde dies eingangs mit den Coronation Anthems I bis III von Georg Friedrich Händel. In den prunkvollen Repräsentationsmusiken anlässlich der Krönungsfeierlichkeiten George II. am englischen Hof zeichnete sich der Chor durch artikulatorischen Schliff ebenso aus wie durch weitestgehende Klangbalance und Frische sowie rhythmische Akzentsetzung auch noch in den koloraturreichen Amen-Alleluia-Rufen aus.

Gabriel Faurés anschließendes „Cantique de Jean Racine" führte in lyrisch-zarten Klängen und bei gekonnter dynamischer Nuancengebung im Pianobereich in die französische-sphärische Klangwelt des späten 19. Jahrhunderts. Derweil bei zwei Jubelchören aus Joseph Haydns „Schöpfung" das geballte Klangvolumen und Strahlkraft des Chores gefordert waren. Hier reihten sich auch die Gesangssolisten solide ins große Ganze ein, während das Sinfonieorchester Bergheim (Einstudierung Franz-Josef Stürmer) allzeit präzisionsgeschliffen von den Streichern bis zu den strahlenden Bläsern agierte. Nach huldvoll-pathetischem Abschluss mit Werken von Hubert Parry und Gustav Holst – da hatte sich auch der stimmig ums Konzert gelegte anglophile Rahmen wieder geschlossen – entlud sich die Begeisterung des Publikums in rhythmischen und lautstarken Beifallsbekundungen.

Nächster Probentermin

    27 Apr 2024

    Probe 15:00 - 18:00

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