Ouvertüre "Die Zauberflöte"

Als Mozarts „Zauberflöte" 1791 im Freihaustheater auf der Wieden in der Wiener Vorstadt uraufgeführt wurde, war in Europa 2 Jahre nach der französischen Revolution ein stürmischer gesellschaftlicher Umbruch im Gange. Das aufstrebende Bürgertum verlangte nach Unterhaltung. In der neuen Oper sang man daher deutsch statt italienisch und die Handlung war ebenso gemischt wie das Publikum. Allerdings gab es noch trennende Holzwände und für Adelige reservierte Eingänge. Die Crème der Gesellschaft saß in den teureren Logen. Das 800 Plätze fassende Theater war integriert in Wiens größten Mietshaus-Komplex.

Die „neueste Maschienen-Komödie" mit reichlich spektakulären Spezialeffekten und blitzschnellem Szenenwechsel würden wir heute vielleicht "Musical" nennen. Alle Besucherschichten kamen auf ihre Kosten: es gibt eine Sphäre mit hohen Idealen, Freimaurer-Symbolik und aufklärerischem Geist und daneben die witzig-freche Papageno-Welt mit den Typen des Volkstheaters in buntem Durcheinander. Wie im richtigen Leben sind die Grenzen zwischen Gut und Böse nicht immer leicht zu ziehen. Logik erwartete dabei niemand, wohl aber die unerhörte Überraschung. Immerhin wird eine Frau in die Geheimnisse der freimaurerischen Männerwelt eingeweiht. Das gab es nur im Märchen.

Der Erfolg der Oper war sofort ganz außerordentlich. Wie überrascht wären aber Schikaneder und Mozart, wenn sie wüssten, dass die „Zauberflöte" nach mehr als 200 Jahren immer noch die meistgespielte Oper überhaupt ist. Das liegt am untrüglichen Theaterinstinkt der beiden und natürlich an Mozarts genial einfacher und doch hochkomplexer Musik, die dem Ganzen eine emotionale Tiefe hinzufügt, die es immer wieder neu zu entdecken gilt.

Die Ouvertüre schrieb Mozart, wie üblich im letzten Moment, 2 Tage vor der Uraufführung. Er benutzt dabei nur in der langsamen Einleitung Motive aus der Oper: die 3-fache Fanfare in der feierlichen Tonart Es-Dur. So wusste jeder sofort, dass es sich um einen Freimaurer-Stoff handelt. Dann kommt aber gleich ein spritziges Allegro-Thema, das einem Meisterkomponisten großartige Entwicklungsmöglichkeiten bietet.

Es stammt aus einer Klaviersonate von Muzio Clementi. Mozarts berühmtestem Konkurrenten als Pianist und Improvisator. Mozart hatte sie 10 Jahre zuvor bei einem musikalischen Wettstreit vor dem Kaiser kennen gelernt.

Wie schon in seiner „Jupitersinfonie" verquickt Mozart in der Ouvertüre sehr frei und kunstvoll die barocke Form der Fuge, in der ein Thema durch mehrere selbstständige Stimmen wandert, mit der klassischen Sonatensatzform, in der 2 gegensätzliche Themen kunstvoll verarbeitet werden. Clementi, der immer die Größe hatte, Mozarts Kunst neidlos anzuerkennen, hat übrigens später selbst mit Mozarts Popularität für seine Sonate Reklame gemacht.

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