Jean Sibelius
Johan Julius Christian (Jean) Sibelius wurde 1865 in Hämeenlinna im südlichen Mittelfinnland geboren. Sein Vater, ein Arzt, starb schon 1867 während einer Choleraepedemie. Die 3 musikalisch begabten Kinder sprachen schwedisch und formten früh ein häusliches Klaviertrio. Mit 11 Jahren kam Jean auf einer finnischsprachigen Schule zum ersten Mal mit der Kultur seines Landes in Berührung, u.a. mit dem Nationalepos Kalevala, das ihn später zu vielen Kompositionen anregen sollte. Mit 15 konzentrierte er sich ernsthaft auf die Geige und wollte Violinvirtuose werden. Daneben komponierte er aber schon eifrig. Seine Vorbilder waren Grieg, Johan Svendsen und Tschaikowski.
Am Konservatorium in Helsinki lernte er Ferruccio Busoni kennen, der ihn nach Wien empfahl, wo er bei Karl Goldmark und Robert Fuchs studierte. 1889 ging er nach Berlin und hörte dort viel Kammermusik: z.Bsp. Beethoven-Sonaten mit Hans von Bülow und die späten zukunftsweisenden Beethoven-Quartette mit dem Joachim-Quartett.
1892 heiratete er Aino Järnefelt, deren Familie für die Befreiung Finnlands von der russischen Herrschaft kämpfte. Sibelius Tondichtung „Finlandia“, die er für ein patriotisches Fest geschrieben hatte, wurde dann auch später zur „heimlichen“ Nationalhymne Finnlands.
Im Gegensatz zu Grieg, dessen Schwerpunkt auf kleinen Stücken lag, entwickelte sich bei ihm der Hang zur großen Form. Er hat 7 Sinfonien geschrieben, jede ganz eigenständig und überraschend anders. 1890 hatte ihn in Wien Bruckners 3. Sinfonie stark beeindruckt. Er selbst verglich eine Sinfonie mit einem Fluss, deren unzählige Nebenflüsse sich vereinen, sich majestätisch verbreitern und dann ins Meer strömen.
Bei ihm gibt es keine dichten chromatischen Gewebe wie bei Grieg, es muss alles klar, einfach und natürlich sein.
Kurioserweise wurde Sibelius, der finnische Nationalist, 1914 als Untertan des russischen Reiches für die Deutschen zum feindlichen Ausländer. Seine Honorare von Breitkopf & Härtel und viele Auftrittsmöglichkeiten als Dirigent fielen aus, was ihn dazu zwang, sich mit Gelegenheitskompositionen und dem Geld von privaten Gönnern über Wasser zu halten.
Er zog sich aufs Land zurück und litt sein Leben lang an Selbstzweifeln und Depressionen. In der Nazizeit wurden seine populären Stücke als Propaganda missbraucht, seine Sinfonik wurde international nicht beachtet. Er starb erst 1957 mit fast 92 Jahren.
1892 hatte Sibelius Karelien in den Flitterwochen besucht, eine Landschaft im Süden Finnlands, die auch heute noch zum Teil zu Russland gehört. In der Karelia-Suite von 1893 hört man die Begeisterung für diese Landschaft und die meisterliche Beherrschung der Orchesterfarben. Sibelius spricht im Volkston, benutzt aber keine originalen Volksmelodien. Die Musik schrieb er für einen patriotischen Festumzug der Studenten in Wyborg, (heute Russland) mit Szenen aus der karelischen Geschichte.
Der 1. Satz, ganz leise mit flirrenden Streichern beginnend, beschreibt eine Prozession von Jägern, die ihre Steuern in Form von Fellen bezahlen.
Im 2. Satz singt ein Barde, (hier das Englischhorn, eine tiefe Oboe), für den schwedischen König Karl VIII im 15 Jahrhundert.
Der Marsch im 3. Satz stellt die Belagerung der Burg von Wyborg dar, die noch heute das Stadtbild imposant prägt. Jetzt leben dort fast nur noch Russen, die finnische Bevölkerung wurde 1939 „evakuiert“, d.h. vertrieben.