Darius Milhaud
Darius Milhaud wurde 1892 in Aix en Provence als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie geboren. Mit 7 Jahren begann er Geige zu spielen, studierte auch zunächst Violine am Pariser Conservatoire, legte aber bald den Schwerpunkt auf die Komposition. Er war auch ein guter Pianist, lernte Dirigieren beim großen Orgelmeister Widor und Komponieren bei Vincent d‘Indy. Dessen Wagnerbegeisterung blieb ihm allerdings fremd.
Milhaud befreundete sich mit Schriftstellern wie Paul Claudel und dem Kreis um die „Ballet Russe“ von Diaghilev und begeisterte sich für Mussorgskijs „Boris Godunow“ und Strawinskys „Sacre du printemps“. Vom Kriegsdienst aus Gesundheitsgründen befreit, ging er 1916 mit Paul Claudel als dessen Botschaftsekretär für zwei Jahre nach Rio de Janeiro und lernte dort die brasilianische Musik kennen. Zurück in Paris bildete er mit Jean Cocteau und Eric Satie die „Nouveaux Jeunes“ und den losen Zusammenschluss der „Groupe de Six“, der neben Honegger und Poulenc mit Germaine Tailleferre erstmals auch eine Komponistin angehörte. Man war gegen Akademismus und für eine klare, von romantischer Schwelgerei „enthäutete Kunst“. Man wollte zwar provozieren, aber auch verstanden werden.
Milhauds Musik ist daher durchaus eingängig; erst bei genauem Hinhören entdeckt man erstaunt, wie hochkomplex sie ist. Als Dirigent und Pianist in der ganzen Welt unterwegs, saugte er alle Einflüsse auf wie ein Schwamm. 1920 hörte er in London zum ersten Mal die brandneue Jazzmusik und 1923 authentischen schwarzen Jazz in Harlem. Er war ein Melodiker von überquellendem Ideenreichtum. Seine Musik verbreitet eine positive Grundstimmung, sie leuchtet in den Farben des Mittelmeerlichtes. Dabei läuft alles gleichzeitig ab. Ihn interessiert nicht, wie etwa Beethoven, die Entwicklung eines Motivs, sondern die Überlagerung von Melodien – oft in verschiedenen Tonarten – von Rhythmen, Klangfarben und Harmonien, die sich erstaunlicherweise ganz natürlich zusammenfügen.
So kann man z. B. zwei seiner 18 Streichquartette entweder einzeln oder auch gleichzeitig spielen, ein besonderes Kabinettstück musikalischer Konstruktionskunst. Milhaud war überhaupt ungeheuer fleißig. Er schrieb allein 15 Opern, 17 Ballette und 27 Filmmusiken.
1940, nach dem Blitzsieg der Deutschen musste er emigrieren und nahm einen Lehrstuhl in Oakland, Kalifornien an. Er hatte großen Einfluss auf jüngere, so unterschiedliche Komponisten wie Luciano Berio, Steve Reich, den Jazzer Dave Brubeck, Stockhausen, Kurtág und Xennakis. Nach dem Krieg kehrte er auch ans Pariser Konservatorium zurück, pendelte hin und her und zog sich erst mit über 80 nach Genf zurück, wo er 1974 starb.
Die Suite „Scaramouche“ stellte Milhaud 1937 als Auftragswerk für 2 französische Pianistinnen aus verschiedenen eigenen Werken zusammen. Der Titel spielt auf eine Figur des italienischen Volkstheaters „Commedia dell‘Arte“ an.“ Scaramuzzo“ (von ital: Scharmützel, Geplänkel) ist ein neapolitanischer, aufgeblasener Aufschneider, der anderen übel mitspielt, gewöhnlich von Pulcinella verprügelt wird, aber seine Niederlagen stets in große Siege ummünzt. Natürlich spielen auch Liebe und Tanz eine Rolle.
In der sehr farbigen Version für Saxophon und Orchester ist es natürlich der Solist, der am Ende durch Charme und übersprudelnde Lebensfreude die Oberhand behält.