Konzert für Violoncello und Blasorchester

Friedrich Gulda machte als klassischer Pianist der Extraklasse eine Blitzkarriere. Seine Bach-, Beethoven- und Mozart-Interpretationen sind noch heute maßstabsetzend. Bald merkte er jedoch, dass er dem Stress des klassischen Konzertbetriebs psychisch nicht gewachsen war. Den Weg aus der Verzweiflung fand er in den Jazzkellern mit ihrer anregenden und menschlich warmen Atmosphäre und dem Musizieren mit Jazz-Größen wie Keith Jarrett, Chick Corea, Oscar Peterson und Joe Zawinul.

Originalton Gulda aus einem Interview in der ZEIT 1989: „Ich wollte nicht eine von diesen lebenden Leichen werden. Ich kenne die Gefühlslage, die dem zugrunde liegt, ich bin ja aus Wien. Mir ist die schwarze Denkungsart wohlvertraut. Ich wollte da raus. Heute bin ich relaxed und extrovertiert, weil ich mich in einem lebenslangen Kampf herausgewurschtelt hab aus der Enge meiner akademischen Herkunft. Ich trag keinen Frack, tanz gern, freu mich am guten Essen und Trinken und an den schönen Frauen." Da er „die Trennung von Interpreten und Komponisten für eine Degenerationserscheinung des 19. Jahrhunderts" hielt, führte ihn das zwangsläufig zum Komponieren, wobei es ihm sehr wichtig war, den Hörer nicht zu langweilen.

Sein Cellokonzert von 1980, geschrieben für Heinrich Schiff, stammt aus einer konservativen Phase. „Zuerst bin ich den utopischen Weg gegangen. Ich wollte wissen, ob Musik möglich ist ohne Regel und Form. Aber ich weiß inzwischen, dass es nicht geht. Der Mensch ist nicht so. Er kann ohne Regeln nicht existieren. Er sehnt sich nach was Gültigem. Er will wissen, was richtig und falsch, gut oder böse ist." Herausgekommen ist dabei ein Werk, dem es gelingt, Fröhlichkeit und Wohlgefühl zu verbreiten, indem und obwohl es alle Erwartungen subtil unterläuft. Es kommt alles darin vor: ein quasi-barockes Menuett, ein schmissiger Blaskapellen-Marsch, eine großartig-theatralische Kadenz und viel jazzartige Rhythmik.

Seine legendären Konzert-Recitals, bei denen er in renommierten Konzertsälen mit buntem Mützchen und lockerer Kleidung auftrat, munter Klassik und Jazz-Improvisationen mischte und niemals vorher bekannt gab, was er spielen würde, endeten unweigerlich bei seinem Abgott Mozart. Er sagte dann z. Bsp. „Ich spiele jetzt eine kleine italienische Arie" und dann folgte der langsame Satz einer Mozart-Sonate so innig gespielt, wie es ihm kaum einer nachmacht.

In der schwärmerischen Verehrung für Mozart trifft er sich mit Peter Tschaikowsky, mit dem ihn vordergründig so wenig verbindet. Auf den zweiten Blick ergeben sich zwischen den beiden dünnhäutigen Außenseitern dann doch ganz erstaunliche Parallelen. Beide litten am Musikbetrieb mit den vielen Reisen und der Einsamkeit und wussten doch die Vorteile der Berühmtheit ganz gut zu ihrem Vorteil zu nutzen. Beide spielten eine Rolle, um nicht zu viel von ihrem Seelenleben preiszugeben: Gulda den extrovertiert-provokanten Clown, Tschaikowsky den zurückhaltend angenehmen, niemanden verletzenden, immer elegant gekleideten Feingeist.

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