Sinfonie Nr.40 g-Moll KV 550

1788 war für Mozart ein schwieriges Jahr. Seine Oper „Don Giovanni”, die in Prag einen Thema 1.Satz: Zu den Werken großen Triumph erlebt hatte, wurde in Wien nur ein einziges Mal aufgeführt.

Durch den sinnlosen Krieg gegen die Türken herrschte eine schwere Finanzkrise, der Adel sparte, Mozarts Finanzen waren zerrüttet. Er zog in die billigere Vorstadt Alsergrund, stürzte sich in die Arbeit und schrieb in einem wahren Schaffensrausch seine drei (letzten) MeisterSinfonien und eine Menge Kammermusik, vieles davon in Moll. Durch intensive Beschäftigung mit den Fugen Johann Sebastian Bachs erschloss sich ihm eine neue Welt emotionaler Tiefe jenseits aller pedantischen Kontrapunktübungen.

Stark beeinflussten ihn auch die freiheitlichen Ideen der Freimaurer und persönliche Erfahrungen mit dem Tod Nahestehender (sein Vater Leopold starb im Vorjahr, seine halbjährige Tochter Therese vier Wochen vor Vollendung der Sinfonie). Ohne den bremsenden Vater, der immer versucht hatte, das Genie zu erden, geht Mozart nun seinen Weg ohne Kompromisse. In der g-Moll Sinfonie gärt und brodelt es, alles ist in einem komplizierten Schwebezustand. Schroffe Gegensätze stehen sich auf engstem Raum gegenüber, piano und forte, zarte Melodien und zerrissene, wild springende Dreiklangsbrechungen, die gleichzeitig auftreten, sich ins Wort fallen, in der Luft hängen bleiben oder in ungeahnte Tonartregionen vorstoßen. So etwas hatte es noch nicht gegeben. Die ungewöhnlichsten Entwicklungen werden formal aber so gut gebändigt, dass Robert Schumann sogar von „griechisch schwebender Grazie” sprechen konnte.

Mozart gelingt das Kunststück, barocke Kontrapunktkünste mit der klassischen Sonatenform in Einklang zu bringen. Viele Themen der Sinfonie, die alle weitläufig miteinander verwandt sind, stehen im doppelten Kontrapunkt, d.h. die Melodie bekommt eine kontrastierende Gegenmelodie und man kann beide vertauschen, ohne dass Satzfehler entstehen. Das tut Mozart hier häufig und erreicht dadurch eine ganz eigene Klangwirkung.
Eine prominente Rolle spielt eine besondere musikalische Figur der Barockzeit: der „Passus duriusculus”, „der etwas harte Gang”. Das bedeutet: die Melodie geht in Halbtonschritten eine Quart abwärts, manchmal auch aufwärts. Diese Figur steht für Schmerz, Trauer, Klage oder auch Ergebung ins Unvermeidliche. Sie kommt in dieser Sinfonie in jedem Satz vor, häufig geht sie sogar noch einen Schritt über die Quart hinaus und bleibt beim beunruhigenden Tritonus stehen.
Das Andante bringt ein versöhnliches Zwischenspiel. Aber auch hier stören unruhige Sechzehntelfiguren, der chromatische Quartgang klingt wie ein resignierender Seufzer. Ein auffallendes Motiv weist auf die „Zauberflöte” voraus. Tamino wird darauf die Worte „Ich fühl es” singen.

Das folgende Menuett ist von grimmiger Tatkraft, das Trio in lieblichen Terzen schwelgende alpenländische Volksmusik. Besonders revolutionär aber ist die Durchführung des Schlusssatzes. Hier finden sich in den ersten acht Takten alle 11 Halbtöne der chromatischen Tonleiter, nur der Grundton ist ausgespart. Dann beginnt eine wilde Jagd durch den Quintenzirkel bis in entlegenste Tonarten. Da braucht es eine entschiedene Bekräftigung der Grundtonart am Schluss, um das alles zu einem guten Ende zu bringen.
Die Sinfonie ist sicher zu Mozarts Lebzeiten aufgeführt worden, denn er hat für seine Freunde Anton und Johann Nepomuk Stadler Klarinettenstimmen hinzugefügt. Verstanden wurde sie aber nur von wenigen.