Ouvertüre zu Goethes Trauerspiel "Egmont"

Beethoven war hocherfreut über den Auftrag des Burgtheaters, zum Trauerspiel „Egmont" des von ihm hochverehrten Meisters eine Bühnenmusik zu schreiben. „...diesen herrlichen Egmont, den ich, indem ich ihn eben so warm als ich ihn gelesen, wieder durch sie gedacht, gefühlt und in Musick gegeben habe", schrieb er an Goethe.

1809 wirkte der Text, der vom Freiheitskampf der Niederlande 150 Jahre zuvor handelt, erschreckend aktuell. Wien war gerade von den Napoleonischen Truppen belagert, bombardiert und eingenommen worden. Es gab eine Hungersnot, galoppierende Inflation, Brände und Aufruhr, 80.000 Mann Besatzung, Unterdrückung und öffentliche Hinrichtungen. „Welch zerstörendes wüstes Leben um mich her, nichts als trommeln, Kanonen Menschen Elend in aller Art" schreibt Beethoven in einem Brief.

In Goethes Stück sagt Jetter: „Es ist mir nun so. Wenn ich einen schönen langen Hals sehe, muß ich gleich wieder Willen denken: der ist gut köpfen. – Die verfluchten Exekutionen! man kriegt sie nicht aus dem Sinne."

Goethes Trauerspiel endet vor Egmonts Hinrichtung. Die jubelnde Siegesfanfare ist nicht real, sondern eine Vision des letztlich gescheiterten Helden, der arglos in die Falle tappt. Er kann sich einfach nicht vorstellen, dass Macht und erzwungene Ruhe dem König wichtiger sind als das Glück des Volkes.

Beethoven sind die Illusionen über die Verwirklichung von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" und seine glühende Napoleonverehrung längst vergangen. In seiner Musik hört man ganz deutlich das Schwert fallen, gefolgt von einer beklemmenden Stille. Der Sieg der Menschlichkeit bleibt ein Traum für die Zukunft.

Egmont: „Es war mein Blut und vieler Edlen Blut. Nein, es wird nicht umsonst vergossen. Schreitet durch! Braves Volk! Die Siegesgöttin führt dich an!"