Kölner Stadt-Anzeiger - Joachim Röhrig - 26.11.2024
Im Medio sprühten Funken
Dirigent Matthias Kiefer gab gelungenen Einstand mit dem Sinfonieorchester Bergheim
Was für ein Einstand. Als nach zweieinhalb Stunden die letzten Töne verklungen waren, wurde 5 noch einmal richtig laut im Medio. Nach einem ebenso mitreißenden wie betörenden Konzert voller nordischem Charme erhoben sich am Sonntag mehr als 600 Gäste und spendeten dem Bergheimer Sinfonieorchester minutenlang Applaus. Der Dank galt insbesondere dem neuen Dirigenten Matthias Kiefer.
Zu Jahresbeginn hatte der ehemalige Solo-Trompeter des Kölner Gürzenich-Orchesters den Dirigentenstab von Andreas Hilner übernommen. An Rhein und Erft ist Matthias Kiefer kein Unbekannter. Einen Namen hat er sich unter anderem als langjähriger Leiter des Musikvereins Friesheim gemacht.
Offiziell Ist der 65-Jährige seit kurzem im Ruhestand, doch der gebürtige Sauerländer sprüht vor Tatendrang, Damit konnte er schnell auch die Bergheimer Sinfoniker überzeugen. Für Kiefers erstes Konzert im Rahmen der Reihe KlassikKontraste gönnte sich das aus ambitionierten Amateuren und Berufsmusizierenden bestehende Orchester reichlich Probenzeit und feilte bis zuletzt penibel an der Abfolge des Programms, das einer persönlichen Vorliebe Kiefers entsprechend vor allem den nordischen Komponisten der Spätromantik und der frühen Moderne gewidmet war, Kiefer hatte noch einige Kölner Kollegen herbeigeholt, so dass das stattliche Orchester mehr als 60 Musikerinnen und Musiker zählte.
Die Reise begann ganz hoch im Norden mit Jean Sibelius’ „KareliaSuite”, einem populären Frühwerk des wohl berühmtesten finnischen Komponisten. Anschließend ließ man drei seltene schwedischen Blüten sprießen. Bei „Ur Frösöblomster”, den Blumen von Frösön aus den frühen 1930er-Jahren, handelt es sich ursprünglich um Klavierkompositionen von Wilhelm Peterson-Berger. Sie kommen aber gut auch in größeren Bearbeitungen zur Wirkung.
Nicht fehlen durften mit „Im Volkston”“ und „Kuhreigen und Bauerntanz” zwei bekannte nordische Weisen des Norwegers Edvard Grieg, Er hat die den Nordländern nachgesagte spezielle Mischung aus sanfter Melancholie, purer Lebensfreude und inniger Naturliebe ergreifend in Musik gefasst. Hörenswert auch die drei Stücke, die Grieg für das Historienschauspiel „Sigurd Jorsalfar” komponiert hat.
Im letzten Part wurde dann deutlich, weshalb die Konzertreihe „Kontraste” heißt. Das Orchester wurde kurzerhand um E-Bass, Klavier, Schlagzeug und zwei Gesangssolistinnen aufgestockt, und von Grieg ging es geradewegs zu Abba. Gleich sechs Welthits der bekanntesten schwedischen Popgruppe, darunter „Dancing Queen“ und „Waterloo”, wurden in opulenter Orchesterversion aufgeführt. Dabei schlüpften die hochbegabten Sängerinnen Anna Doepke und Anne Sass In die Rollen von Agnetha und Anni-Frid, Das machten die jungen Frauen im Zusammenspiel mit dem mächtig Gas gebenden Sinfonieorchester so gut, dass das begeisterte Publikum kaum genug bekommen konnte.
Der „Gabriella Song“ aus dem schwedischen Musikfilm „Wie im Himmel” setzte als Zugabe den Schlusspunkt unter ein Konzert, bei dem der Funke genau so sprühend und glühend vom Orchester aufs Publikum übersprang, wie es sich Matthias Kiefer im Vorfeld gewünscht hatte.