pr 20180425 rundschau 450 320Rhein-Erft-Rundschau - 25.04.2018 - Dietmar Fratz

Sattes Blech und zarte Geigen

Sinfonieorchester trat mit dem Chor Recovered Dimension auf

Nicht nur die Medio-Bühne war gut gefüllt. Auch der Zuschauerraum war nahezu voll besetzt. Das Sinfonieorchester Bergheim spielte in seiner beliebten Reihe Klassik-Kontraste die achte Sinfonie von Antonin Dvorak und mit dem Bedburger Jugendchor Recovered Dimension Episoden aus Musicals.

Mit zarten Geigen startet der Komponist zu seinem hochromantischen Spaziergang, lässt eine frühlingshaft tirilierende Flöte in die musikalischen Lüfte steigen, bevor die Sinfonie rasant Fahrt in voller Besetzung aufnimmt. Damit war das Feld abgesteckt. Andreas Hilner, seit einigen Monaten neuer Dirigent des aus Laien und Profis gemischten Orchesters, hatte die Dynamik breit angelegt. Und in dem mehr als 70 Musiker starken Orchester hatte er alle Möglichkeiten dazu und steuerte die wie aus heiterem Himmel fallenden machtvollen Akzente pointiert an. Schöne, melodiöse Passagen lieferten die Holzbläser, das satte Blech beeindruckte mit pompösem Schmettern und überraschenden Phrasierungen, die Streicher agierten kompakt und durchweg sauber.

Scharf setzten die Musiker die Motivblöcke voneinander ab. Aus kraftvollem Tutti ragten bruchlos kleine zweistimmige Streichermotive heraus. Die gerieten jedoch nicht immer ganz lupenrein, ebenso wie einige Bögen in einzelnen Bläserstimmen. Dafür blieb stets die Freude erkennbar, die die Instrumentalisten, umtriebig von Hilner motiviert, in ihr Spiel legten. Dem gut gewählten Allegro im ersten folgte ein geduldiger zweiter Satz (Adagio). Im gemütlichen Dreiertakt wurde es dann im Grazioso-Satz volkstönig mit viel Schmelz, bevor der Schlusssatz wieder zu packender Spannung zurückfand. Der stampfende Rhythmus wurde deutlich betont, ohne ins Militärische abzurutschen. Die in den vollen Klang eingebetteten Soli, besonders schön die von Klarinette und Flöte, sorgten hier schon für wohltuende Kontraste.

Teil zwei stand im Zeichen der Musicals. Ein mit vielen Knalleffekten präsentierte Medley aus "My Fair Lady" sorgte mit seinen zeitlosen Melodien für unterhaltsames Kurkonzert-Flair. Inga Schäfer, einst junge Bratscherin im Orchester, ist inzwischen arrivierte Mezzosopranistin. Sie gab die "Christine" aus Webbers "Phantom der Oper" eine dramatische Note. Gegen den bombastischen Sound des Orchesters konnte sie sich nicht nur dank dezenter Mikrofonverstärkung gut durchsetzen.

Zusammen mit Anne Sass, die zuvor ein bejubeltes "I Dreamed a Dream" aus "Les Miserables" mit viel Andacht vortrug, sang sie ein keckmunteres "Marry the Man Today" aus "Guys and Dolls". Erstaunlich, wie die junge Solistin aus den Chorreihen mit der Profisängerin mithielt.

"Am schönsten ist es zu Hause" aus dem "Zauberer von Oz" sollte der sentimentale Heimwegbegleiter für das Publikum werden. Inga Schäfer ließ sich im von Hilner zugeschnittenen Arrangement vom rund 60 Sänger starken Chor des Bedburger Jugendzentrums Capo (Einstudierung: Christoph Eisenbarth) auf dem musikalisch aufleuchtenden Regenbogen ("Somewehre Over the Rainbow") in die Traumwelt tragen, was durch das etwas übertriebene Fortissimo des Orchesters in den Schatten gestellt wurde. Da fehlte es an Kontrast. Vor dem Heimweg standen mehrere Zugaben, die das erfreute Publikum erklatschte, unter anderem die aktuell gut ins Rheinland passende Fußballhymne "You Never Walk Alone" aus dem Musical "Carousel" mit hinreißendem Gesang von Inga Schäfer und imposanter Breite des Orchesters. Ein gelungener Einstand für den neuen Dirigenten.

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