pr 20170430 rundschau 450 320Rhein-Erft-Rundschau - 39.04.2017 - Dietmar Fratz

Künftig an der zweiten Geige

Franz-Josef Stürmer gibt die Leistung des Sinfonieorchesters Bergheim an Andreas Hilner weiter

Fast genau 30 Jahre lang lenkte Franz-Josef Stürmer die musikalischen Geschicke des Jugendsinfonieorchesters und später des Sinfonieorchesters Bergheim. Nach dem Konzert im Mai wird der 64-Jährige nur noch die zweite Geige spielen. Er gibt den Dirigentenstab an Andreas Hilner weiter.

"Dem Orchester geht es zurzeit richtig gut. Das ist ein idealer Zeitpunkt für den Wechsel", sagt Stürmer. Das Ensemble sei "stabil aufgestellt", verfüge über einen "guten Vorstand" und es stehe ein Nachfolger bereit, der "seine Sache supergut machen wird", betont der Orchesterchef. Schließlich ist Hilner, der in Quadrath-Ichendorf wohnt, als Saxofonist und Klarinettist häufig Solist bei Aufführungen gewesen. Und er bringt als Dozent an der Musikschule Brühl und der Hochschule Düsseldorf das pädagogische Rüstzeug mit, das für die Arbeit mit einem Laienorchester wichtig ist.

Pädagogische Qualitäten wären auch Stürmer neben seinem musikalischen können hilfreich. Der Horremer hat Oboe studiert mit pädagogischem Ziel und anschließend die Musikschulen in Örlinghausen (Teutoburger Wald), Radevormwald und Bergheim geleitet. Seit 1993 führt er sein Musikgeschäft Tritonus in Horrem.

Vor 50 Jahren war Stürmer Gründungsmitglied des Spielkreises Weitensteiner, der sich am Erftgymnasium zusammentat. Eigentlich hatte er Klavier gelernt. Musikschullehrer Joseph Weitensteiner führte ihn an die Geige. 1987 starb Weitensteiner unerwartet. Für ein Konzert wurde ein Dirigent gesucht. Kurzfristig sprang Stürmer ein und blieb Leiter des dann zum Jugendorchester und später zum Jungen Orchester Bergheim umbenannten Ensembles.

Vor zehn Jahren gab es wiederum einen Wandel. Das Orchester der Stadt Bergheim befand sich in Auflösung, weil dessen Leister Christian Letschert-Larson die Kammerphilharmonie Rhein-Erft als professionelles Hausorchester des Medio gründen wollte. Die beiden Amateurorchester fusioniert. "Eigentlich was das Junge Orchester im Stadtleben überflüssig", erinnert sich Stürmer. Durch die Fusion avancierte das Ensemble zum wichtigen Klangkörper für die Programmgestaltung im Medio. Dort habe man, nachdem man zuvor auf andere Säle, wie die Sindorfer Pfarrkirche, ausgewichen sei, in der BM-Cultura als Betreiber ein "tolles Team" zur Unterstützung der Konzerte.

Rund 50 Laienmusiker und je nach Konzertprogramm bis zu 25 Profimusiker spielen in dem durchweg frisch und unverbraucht aufspielenden Orchester. Und auch im Publikum gab es im Lauf der Jahre Entwicklungen. "Wir sprechen besonders mit unserer Reihe Kontraste vorsichtig mehrere Schichten und Generationen an". Die Reihe verlässt ausgetretene Pfade. Dem klassischen Programm werden Gegenpole gegeben. So gab es zu "Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgski passende Bilder der Bergheimer Künstlerin Claudi Moritz-Marten. "Das war schon ein Highlight", sagt Stürmer. Bei "Winter Wonderland" waren popigere Töne gefragt. "Da haben wir viele neue Erfahrungen gemacht". Eine große Herausforderung war im vergangenen Jahr die Aufführung der Orgel-Sinfonie von Camille Saint-Seans. "Das hat schon ordentlich Nerven gekostet", sagt Stürmer. Damit habe er das Orchester bis an seine Leistungsfähigkeit gefordert.

Was wird er vermissen? "Konzerte und Proben haben mir wahnsinnig viel Spaß gemacht. Etwas zu gestalten, das dann auch noch klappt, das ist schon ein tolles, grandioses Gefühl." Letztmalig als Dirigent wird Stürmer dieses tolle Gefühl beim Kontraste-Konzert mit "Nordlichter" erleben. Werke von Grieg (Peer Gynt) und Sibelius (Finlandia) treffen auf Nils Gade (Nachklänge zu Ossian) und finnische Tangos. Dafür hat das Orchester Sebastian Reimann (Violine) und Stephan Langenberg (Bandoneon) verpflichtet, der auch die Orchesterarragements für die Bergheimer Sinfoniker geschrieben hat. Ich werde künftig gemütlich an der zweiten Geige mitspielen", sagt Franz-Josef Stürmer, der sich auf eine ruhigere musikalische Zukunft freut.