20150506 wp 450 320Werbepost - 06.05.2015

Neue Welt zum Leben erweckt

„Klassik-Kontraste“ heißt eine Programmreihe im Medio, und die Auswahl der Werke, die das Sinfonieorchester Bergheim präsentierte, war tatsächlich höchst kontrastreich.

Unter dem Titel „America!“ traf anspruchsvolle Klassik auf Jazz und epische Filmmusik. Gleich zu Beginn nahm sich das rund 70-köpfige Orchester Antonín Dvoràks Sinfonie Nr. 9 „Aus der neuen Welt“ vor. Unter Leitung von Franz-Josef Stürmer meisterte das Ensemble das nicht einfache, sehr abwechslungsreiche Werk, in dem immer wieder ruhige, teils heitere Passagen in temporeiche und klanggewaltige Themen übergehen, bei denen das Orchester seine volle Lautstärke demonstrieren kann.

Nahe Prag aufgewachsen, kam der Komponist Dvoràk 1891 nach New York. Die Aufregung der Reise in die „Neue Welt“, die freudige Erwartung, aber auch Unsicherheit und die Hektik der Großstadt spiegeln sich in der Musik wider. Prägnant ist das Hauptthema, zunächst getragen der zweite Satz, in dem die Bläser – inklusive Englischhorn – Natur und Indianerthemen aufgreifen. Die Zuhörer werden auch in die Landschaften Amerikas entführt. Folkloristische Tanzmotive erinnern an Dvoràks Heimat Böhmen, bevor am Ende das Hauptthema wieder mit triumphierenden Bläsern aufgegriffen wird.

Dem Sinfonieorchester gelang es hervorragend, die musikalischen Bilder zum Leben zu erwecken und die Kontraste der „Neuen Welt“ darzustellen. Stürmer dirigierte das Ensemble dabei bestimmt durch kritische Passagen. Riesigen Applaus bekam Solistin Nadine Schuster, im Mittelpunkt bei George Gershwins „Rhapsody in Blue“. Einige Saxofone ergänzten das Orchester beim Vortrag der Komposition mit nicht zu überhörendem Broadway-Einfluss.

Der aus Brooklyn stammende Gershwin schuf ein Crossover-Werk, das neben den klassischen typische Jazz-Elemente enthält und Raum für Improvisation lässt. Den nutzte die in Trier geborene Pianistin Schuster, die Glanzpunkte des Abends setzte. Für ihr virtuoses Spiel, sowohl in ruhigem als auch in zügigem Tempo, ließ das Publikum sie nicht ohne eine Zugabe gehen. Das Orchester verstand es, die Solistin durch die wechselnden Tempi zu begleiten, ohne sie zu dominieren. Die verschiedenen Elemente aus dem „Schmelztiegel Amerika“, etwa Ragtime-Rhythmen und marschierende Bässe, machten gute Laune.

Bildgewaltig wurde es mit zwei Beispielen amerikanischer Filmmusik für großes Orchester. Aus „Forrest Gump“ stammt die gleichnamige Suite von Alan Silvestri. Das Sinfonieorchester stieg leise, die Flöten hervorgehoben, in die wunderschöne ruhige Melodie zu Beginn des Films ein, um sich dann zu steigern bis hin zum klanggewaltigen Schluss, bei dem das große Ensemble seine ganze Wucht zeigen konnte. Es gelang den Musikern, die Bilder vom schlichten, aber liebenswerten Forrest, den sein Weg durch wichtige Stationen der amerikanischen Geschichte führt, wachzurufen.

Gleiches glückte mit der symphonischen Suite zum ersten Teil der „Herr der Ringe”-Trilogie, komponiert von Howard Shore. Auf heitere Klänge, die zu den kleinwüchsigen Hobbits ins liebliche Auenland entführen, folgen epische Passagen mit mächtigen Hörnern, die mal das prächtige Volk der Elben, mal die widerwärtige Ork-Armee, aber auch die abenteuerliche Reise durch die Weite Mittelerdes beschreiben. Stürmer führte das Orchester sicher durch die abwechslungsreiche Suite. 

Mit zarter Stimme, erinnernd an das Original im Film, intonierte die junge Bergheimer Sängerin Anna Doepke schließlich „In Dreams“. Den großen Applaus des Publikums dankte das Sinfonieorchester mit einem, wie Stürmer ankündigte, „wilden Ritt durch die Prärie“, mit der Titelmelodie der Serie „Bonanza“. Nicht nur die Zuhörer, auch die Musiker hatten hörbar Freude an der Zugabe.