20150428 rundschau 450 320Rhein-Erft-Rundschau - 18.04.2015 - Dietmar Fratz

Farbige Bilder der neuen Welt

Sinfonieorchester mit schwungvollen Kontrasten aus "America"

Welch ein Programm! Im jüngsten Konzert der Reihe Klassik-Kontraste widmete sich das Sinfonieorchester Bergheim der Neuen Welt jenseits des großen Teichs. Als "Erfinder" einer eigenständigen Musik in den USA gilt Antonin Dvorák, der eigens vor 124 Jahren nach New York eingeladen worden war. Seine wegweisende Sinfonie "Aus der Neuen Welt" stand als Auftakt der Musikfolge zurecht an erster Stelle.

Das rund 70 Musiker zählende Orchester, ein Gutteil ambitionierte Laien, hatte sich ein anspruchsvolles Werk vorgenommen. Im großen Bogen war das Ensemble unter Leitung von Franz-Josef Stürmer dem Werk erstaunlich gut gewachsen. Aus allen Ecken der frühen sinfonischen Dichtung schimmern neue Charaktere auf, vom imperialen Indianerthema "Hiawatha" bis zu Anklängen an Spirituals und – als Kontrast aus der Alten Welt – böhmische Folkloreklärgen. Mit herrlichen Bläsern leuchtete die für Dvorák heue Welt in frischen Farben. Stürmer hatte die Tempi gut gewählt. Übertriebenes Jagen trat zurück hinter viel Geduld vor allem in den ruhigen Passagen. Dadurch konnte die Farbpalette ihre Wirkung entfalten auf der orchestralen Leinwand. Prächtig intonierten die Posaunen das Thema, die Hörner standen in nichts nach, und auch die Holzbläser bis hin zum Englischhorn transportierten mit ihrer Musik kraftvolle Bilder von der betriebsamen Hektik und endlosen Weite Nordamerikas. Auch das kontrastreiche.

Kleine tonale Unsauberkeiten an den gelegentlich etwas unvorbereitet angegangenen Nahtstellen der Komposition und einige Tempowackler störten den Gesamtblick nur wenig. Mit deutlich forderndem Dirigat widmete sich Stürmer nahezu jedem kritischen Einsatz persönlich. In breit angelegter Dynamik gelangen leuchtenden Fortissimi eines beeindruckend großen Klangkörpers.

Zaghaftes Piano, das das Heimweh Dvoráks geradezu spürbar machte, mündete in musikantisch und spielfreudig musizierten Anklängen an böhmische Tanzböden. Das Publikum im fast voll besetzten Medio sparte nicht mit Applaus für die bildreiche Musik.

Start des Abends war Nadine Schuster mit der "Rhapsody in Blue" on George Gershwin. Ausgiebig kostete die in Trier geborene Pianistin ihre künstlerische Freiheit aus. Zwar hat Gershwin die jazzimprovisatorischen Elemente mitkomponiert. Den dennoch verbliebenen Raum für eine eigene Note nutze Schuster empfindsam. Lyrische Elemente hatten ausdrucksstarken Tiefgang und filminante Kraft ließen den Flügel dominieren. Dem durch eine Saxofonsektion aufgestockten Orchester gelang es, den wechselnden Zug des Soloparts aufzugreifen. Nadine Schuster wurde vom frenetisch applaudierenden Publikum nicht ohne Zugabe von der Bühne gelassen. Breitwandige Filmmusiken erzeugten anschließend lebendige Bilder aus den Filmen "Forrest Gump" (Alan Silvestri) und "Herr der Ringe" (Howard Shore). Die vorwiegend homophonen Schmankerln, denen die verwobene Vielschichtigkeit genrebedingt fehlt, bestachen durch den dramaturgischen Wechsel von Spannung gegen Freiheit und Abenteuer. Ein zart und betrachtend angelegtes Gesangssolo bei "Herr der Ringe" steuerte die junge Bergheimerin Anna Doepke bei.

Als Zugabe ließ das Orchester die Pferde von Ben Cartwright und seinen Söhnen Little Joe, Hoss und Adam über die Prärie trappeln. Die Bonanza-Titelmelodie, ausgearbeitet in Themenköpfen durch viele, teils erstaunliche Tonlagen, zauberte ein Schmunzeln auf die Gesichter der Zuhörer. Reichlich hörbaren Spaß hatten auch die rhythmisch exakt galoppierenden Musiker an der sentimentalen Retrospektive in die 60er-Jahre.