20110412 rundschau 450 320Rhein-Erft-Rundschau - 12.04.2011 - Dietmar Fratz

Kontraste ohne Schattenseiten

Farbiges Cellokonzert von Friedrich Gulda traf im Medio auf drängende Tschaikowski-Sinfonie

Auf der Suche nach verschiedenen Stilelementen, die ein Programm mit dem Thema "Klassik-Kontraste" füllen könnten, wurden Dirigent Franz-Josef Stürmer und sein Sinfonieorchester Bergheim gleich mehrfach fündig. Das 1981 komponierte Cello-Konzert von Friedrich Gulda ist in sich ein Musterbeispiel an friedlich nebeneinander stehenden Charakterzügen wie die rund einhundert Jahre jüngere fünfte Sinfonie von Tschaikowski. So bildeten die Werke in sich und gegeneinander Kontraste.

In dem Cello-Konzert, komponiert für den berühmten Cellisten Heinrich Schiff, hat Gulda erfreulich respektlos Jazz und Klassik vereint. Oliver Wenhold, zweiter Solocellist beim WDR, konnte herrliche Melodiebögen ziehen, unvermittelt zu halsbrecherischen mehrgriffigen Läufen anheben oder mit ersterbendem Flageolett klassische Elemente mit rhythmisch und thematisch prägnatem Jazz kombinieren. Bein dritten Satz (Cadenza) konnte Wenhold solistisch alle Register seines Könnens und der instrumentalen Möglichkeiten ziehen.

Beschwingt ging das Blasorchester mit, dessen stilistische Mixtur durch einen Klassik-und einen Jazz-Kontrabass ebenso deutlich wurde, wie durch dezentes Schlagwerk und eine (kaum hörbar verstärkte) Gitarre. Da wanderte Gershwin hutschwingend durch die Partitur, unversehens überschattet vom fast 200 Jahre älteren Mozart, von dem ein Hörnerthema entliehen zu sein schien. Ein Menuett der koketten Holzbläser gefiel sich neben Musikanten-Stadl-Passagen im jovial auftrumpfenden Blech. Steubenparade gegen introvertiertes Solocello, und die Pole stritten nicht, sondern ließen sich gegenseitig gelten und gefallen. Schon vor der Pause mussten Solist und Orchester mit einer Zugabe aus dem letzten Satz dem begeisterten Publikum im fast ausverkauften Medio Rhein-Erft Tribut zollen, und selten wurde im Foyer so erfreut über das Gehörte debattiert.

Zu Tschaikowskis Sinfonie nahmen respektable 70 Musiker des moderat verstärkten Sinfonieorchesters auf der Bühne Platz. Der Beginn in den tiefen Streichern wirkte noch leicht unsauber, ansonsten blieb jedoch auch der zweite Konzertteil nahezu ohne Schattenseiten.

Die zahlreichen glissando-artigen Aufschwünge, sekundiert von präzisem Holz, bestachen durch kompaktes Drängen. Die Strahlkraft einer ganzen Armada von Streichern, angeführt von über einem Dutzend Erstgeigern, kitzelte Stürmer aus dem hervorragend aufgelegten Nicht-Ganz-Laienensemble heraus. Genüssliches Zurücklehnen gestattete der langsame Satz, freilich nur dem Publikum. Die Musiker blieben auf der Stuhlkante. Eine vorzüglicher Hornist (im Horn-Quartett waren Intonation und Tempi nicht immer ganz astrein) präsentierte das berühmte Thema, das die übrigen Gruppen nach und nach engagiert und liebevoll aufgriffen.

Im Schlusssatz standen die fanfarigen Bläser, die zuvor auch dezent zu intonieren wussten, im direkten Kontrast zum eng verwobenen Sechzehntel-Geläuf, bevor sich das Werk in der Coda-Zielgeraden im grundtönigen e-Moll der Sinfonie einfand.

Als Zugabe erklang die Ouvertüre der weitgehend unbekannten Oper Ruslan und Ljudmila von Michail Glinka.

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