20100601 rundschau 450 320Rhein-Erft-Rundschau - 01.06.2010 - Dietmar Fratz

Asiatische Urkraft traf auf Klassik

Sinfonieorchester Bergheim und die Ethno-Band Penta Blue schufen spannenden Stilmix

Zu einem Konzert mit besonderer Note haben sich das Sinfonieorchester Bergheim unter Leitung von Franz-Josef Stürmer und die Ethno-Band Penta Blue um den Kölner Geiger Takashi Bernhöft zusammengetan. Das stattliche Orchester mit 60 Musikern stiftete mit seinem mächtigen Klangspektrum zusammen mit Schlagzeug, Bass und Keyboard der Band das Fundament für einen spannenden Stilmix, dem die Solisten Tony Clark mit der japanischen Bambusflöte Shakuhachi und Geiger Bernhöft das melodische Dach aufsetzten.Die spannende Frage, ob der klassische europäische Unterbau und die darüber agierende asiatische Musikwelt zusammenpassen würden, war für den Komponisten Bernhöft, dessen fünfsätziges Werk Penta Blue mit Pentatonik- und Bluenotes-Elementen demnächst auch vom Westdeutschen Rundfunk produziert wird, nach dem Konzert ebenso positiv beantwortet, wie für die rund 500 Zuschauer im Medio. In das urgewaltige Szenario asiatischer Prägung führten tiefgründige Trommelrhythmen ein, die üblicherweise eine japanische Taiko-Trommel liefern soll. In Ermangelung einer solchen ahmte eine Synthesizer diese in fast ebenbürtiger Volltönigkeit nach.

Mit improvisatorischen Geigen- und Shakuhachi-Passagen wurden die stimmungsvollen Sätze befeuert und steckten das beherzt mitspielende Orchester an, dem an keiner Stelle anzumerken war, dass das Notenmaterial erst wenige Wochen zuvor fertig geworden war. Der weit mensurierten Flöte entlockte Clark die programmatischen "Blue Notes", Zwischentöne nach unserem traditionellen Skalenverständnis, aber auch nahezu tonlose Seufzer und spitze Motivbögen.

Bernhöft, arrivierter Klassik-Geiger mit japanischen Wurzeln mütterlicherseits, bewies, dass er nicht nur sein Handwerk, sondern auch die Wanderung zwischen den Welten zu vermitteln versteht. Fast zigeunerisch wirbelte er bald auf elektronischer, bald akustischer Geige. Weitere Farbtupfer lieferte ein Bandoneon, das beim Stück "Astor san" (gemeint war Tangokönig Piazzolla) zusätzlich noch ein Tangoelement als Zwischenstation zwischen West und Ost beisteuerte.

Das abschließende Stück "Taikai" erzählt bildgewaltig von einer Woge. Der japanische Grafiker Hokusai hatte mit seinem Bild bereits Debussy zu seinem "La mer" inspiriert. "Ich versuche jetzt, die Musik zum Bild wieder nach Japan zurückzuholen", kommentierte der gut gelaunte Komponist und Geiger.

Fast schon vergessen schien da der erste Konzertteil mit Mozarts spielfreudig erklungener Zauberflöten-Ouvertüre und Beethovens idyllischer Pastoral-Sinfonie (Nr. 6). Das bestens präparierte Orchester blieb keine Klangfarbe schuldig. Herrliche Holzbläser, kraftvolles Blech und durchweg saubere und putzmuntere Streicher sorgten für pure Hörfreude. Kleine Nickligkeiten, mal im Horn, mal eilende Posaunen oder uneinheitliche Zweitgeigen, konnten die respektable Leistung des beherzt, im dritte Satz geradezu musikantisch aufspielenden Orchesters nicht trüben. Bei den vielen Kurzeinwürfen, solistischem Vogelgezwitscher und krachend-rasantem Gewitter behielt das umsichtig geleitete Ensemble stets die Übersicht, aus der heraus gesunde Spielfreude erwuchs. Dass beim Gewittersturm ein ordentlicher Hagelguss auf das Mediodach niederging, war ein netter dramaturgischer Zufall.

Das Publikum im Medio würdigte das experimentierfreudige Konzert, dass der Landesmusikrat für förderungswürdig erachtete, mit so viel Applaus, dass Orchester und Band schließlich die Zugaben ausgingen.