20100601 ksta 450 320Kölner Stadt-Anzeiger - 01.06.2010 - Alexander Kleinschrodt

Spurenelemente aus Ost und West

Man hatte Großes vor an diesem Abend im Medio. Zunächst jedoch begann das Sinfonieorchester Bergheim in den gewohnten Bahnen, beim Repertoire der Wiener Klassik - und das durchaus gelungen. Franz-Josef Stürmer führte das Orchester durch eine elegant gespielte Ouvertüre zu Mozarts "Zauberflöte", bei der auch die polyphonen Anteile gut hörbar blieben.

Dann stand Beethovens "Sechste" an, die "Pastorale". Dass das aus Laien und einigen Profis zusammengesetzte Orchester nicht ganz die Tempi spielen kann, die man von vielen hochglanzpolierten CD-Einspielungen heute gewohnt ist, versteht sich von selbst. Gerade dadurch ergaben sich jedoch reizvolle Einblicke; manchem Zusammenhang, manchem Thema konnte eine neue Seite abgewonnen werden. Um nichts anderes geht es schließlich bei musikalischer Interpretation.

Nach der Pause wechselte die Lichtstimmung hin zu eine mozeanischen Blau, mit auf die Bühne kamen jetzt der Geiger Takashi Bernhöft und seine Band PentaBlue. Was Bernhöft macht, ist im besten Sinne Weltmusik. Er verbindet nicht nur musikalische Einflüsse von Ost und West, sondern lässt auch die Kategorien Hochkultur oder Unterhaltung alt aussehen. Sein Zugang zur Musik des fernen Ostens ist geprägt von seinen eigenen Wurzeln in Japan. Er betont sie dadurch, dass er nur unter seinem japanischen Vornamen auftritt.

Die Synthese von japanischer Tradition und westlichen Stilen ist hier vielschichtiger als bei vergleichbaren Projekten. Natürlich spielt Takashi keine authentische japanische Musik. In erster Linie ist er immer noch ein herausragender klassisch ausgebildeter Geiger, bis vor drei Jahren war er Konzertmeister des Sinfonieorchesters Aachen. Die Musik von PentaBlue ist aber durchsetzt mit Spurenelementen japanischer Musizierpraxis. Man weiß jedoch vorher nie, wo sie auftauchen werden.

In "Zensation" ist es zunächst die wuchtige Klanglichkeit der Taiko-Trommeln, die Japan ins Spiel bringt, es folgt ein Violin-Solo. Dann nimmt die Nummer Fahrt auf, ein Rock-Rhythmus setzt ein. Tony Clark, sonst an der Gitarre, führt auf der Shakuhachi, einer japanischen Flöte mit für die traditionelle Musik des Landes prägender Klangfarbe, eine Melodie ein, die Takashi aufnimmt und in eine hochexpressive Geigenlinie umdeutet.

Dabei mischt er nicht nur Japanisches ein - er benutzt die fünfstufige Tonleiter, imitiert Intonation und Klang der traditionellen Instrumente -, sondern verwendet auch Material, das von der E-Gitarre zu stammen scheint. Man fühlt sich glatt an Virtuosen dieses Instrumentes wie etwa Joe Satriani erinnert. Im nächsten Stück "Astorsan" wird genauso selbstverständlich ein Tango-Rhythmus verarbeitet.

"Es wird jetzt etwas ruhiger - Sie können Ihre Sakkos wieder anziehen", empfiehlt der Hemd und Turnschuhe tragende Geiger danach freundlich dem Publikum. Dann spielt Takashi eine Improvisation über ein japanisches Volkslied, in der er die Elemente seines Repertoires zu einer sehr persönlichen Aussage verdichtet.

Bei alledem begleitet das Sinfonieorchester Bergheim unter Franz-Jose f Stürmer tadellos und effektvoll. Sie haben wirklich ein großartiges Orchester hier in Bergheim", wendet sich Takashi zuletzt gleicher maßen an die Zuhörer wie an seine musikalischen Partner. "Die haben sich ohne zu zögern voll auf uns eingelassen." Recht hat der Mann.

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