20090519 ksta 450 320Kölner Stadt-Anzeiger - 19.05.2009 - Alexander Kleinschrodt

Bläserklänge von rechts und links

Sinfonieorchester Bergheim beeindruckte mit Klangkultur 

Im Bergheimer Medio war ein spannender Konzertabend mit vielen Entdeckungen zu erleben.

War das noch ein normales Sinfoniekonzert? Eigentlich nicht, und das war auch gut so. Alte Musik und Werke aus dem 20. Jahrhundert, nur eines aus dem klassisch-romantischen Kernrepertoire standen auf dem Programm. Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung", das bekannteste Werk des Abends, bekam durch Bildprojektionen einen neuen visuellen Akzent. Die Bergheimerin Claudia Moritz-Marten hat diese malerische Neuinterpretation des Zyklus gestaltet, zu dem sich Mussorgsky seinerseits von Gemälden seines Freundes Viktor Hartmann anregen ließ.

Gleich zu Beginn des Konzertabends wurde der gewohnte Ablauf ein wenig umgeworfen. Die Musikerinnen und Musiker des Sinfonieorchesters Bergheim erschienen nicht nur auf der Bühne, sondern auch links und rechts auf den seitlichen Emporen des großen Saals im Medio, wo die Bläser Stellung bezogen. Für die beiden Werke von Giovanni und Andrea Gabrieli, eine Canzone und ein Ricercar, die in Bearbeitungen für Sinfonieorchester erklangen, ist genau das eine authentische Aufführungspraxis.

An San Marco in Venedig, wo die beiden wirkten, entwickelte man im 16. Jahrhundert diese Kunst des mehrchörigen Singens und Musizierens mit im Raum verteilten Klangkörpern.

Franz-Josef Stürmer musste die drei Gruppen vom Dirigentenpult aus koordinieren. Die stereofonischen Effekte, die so entstehen können, erhöhen noch den Reiz der transparenten, polyfonen Setzweise der Gabrielis und lassen diese Musik aus heutiger Perspektive unerwartet modern wirken.

Dann ein harter Schnitt - nun folgte etwas ganz anderes: Darius Milhauds "Scaramouche", eine Suite für Saxofon und Orchester. Reichlich südamerikanische Einflüsse eignet sich diese Komposition an; die Solopartie spielte der Frechener Johannes Lemke, der in Klassik und Jazz zu Hause ist und für dieses bunte Werk den richtigen Hintergrund mitbrachte.

Mit der zweiten Suite aus den "Antiche Danzi ed Arie" von Ottorio Respighi ging es weiter; ein Werk aus den zwanziger Jahren, das jedoch wieder Bezug nimmt auf das 16. Jahrhundert. Besonders der dritte Satz der Suite machte einen hervorragenden Eindruck, die Streicher taten sich hier mit fülligen Kantilenen hervor. Für ein "Liebhaberorchester", so bezeichnen die Bergheimer sich selbst, können sie eine beachtliche Klangkultur vorweisen, die ein paar sporadische Abstimmungsprobleme glatt vergessen macht.

Auch Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung", beileibe kein ganz leichtes Werk, wurden von Franz-Josef Stürmer und dem Sinfonieorchester Bergheim ansprechend umgesetzt. Man konnte hören, dass hier die Hausaufgaben gemacht waren: Majestätisch erklangen die "Promenaden"-Sätze, "Il vecchio castello" schleppte sich wunderbar schwerfällig daher, und die flotten Sätze wie "Limoges - Le Marché" nahmen leichtfüßig Fahrt auf.