20080826 ksta 450 320Kölner Stadt-Anzeiger - 26.08.2008 - Frank-Uwe Orbons

Ein wild gewordener Autobus

Parodie auf Bach-Kantanten machte Kerpener Publikum Spaß

Wenn in der Kirche St. Maria Königin die Kirchenbänke umgedreht werden, dann kann man davon ausgehen, dass ein großes musikalisches Ereignis bevorsteht. Die imposante Mönch-Orgel ist in dem Gotteshaus dem Altar entgegengesetzt positioniert und wird durch keine Orgelempore verdeckt. So kommen die Zuhörer problemlos in den Genuss, die Spieler nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen.

Dem Organisten bei der Arbeit zuzusehen ist im Normalfall wenig attraktiv, kehrt er doch dem Publikum den Rücken zu. Dennoch hatte die neunte Sindorfer Orgelnacht am Freitag auch optisch durchaus etwas zu bieten. Wann kann man schon einmal die katholischen Kirchenmusiker von Horrem und Sindorf gemeinsam beim vierhändigen Spiel belauschen, noch dazu bei einer Spezialfassung der mittleren Tageszeitensinfonie Joseph Haydns, die der Horremer Organist Norbert Trierweiler für sich und die Sindorfer Hausherrin Gudrun Bonnemann arrangiert hatte. Oder wenn die Orgel mit einer Tuba (gespielt von Arno Hetfeld) ein spannendes Stelldichein hat.

Fünf Stunden konnte man in der ausverkauften Kirche Musik für Orgel und diverse andere Instrumente, Ensembles und Chöre verfolgen, die unter dem Motto "Musikalisches und Kulinarisches aus Österreich" summiert war. Damit die Zeit nicht zu lange wurde, gab es in bewährter Weise eine rührige Moderation durch Dieter Schiffer, den Chefsprecher des WDR, und Pausenverpflegung, die ganz auf das "Gastgeberland" ausgerichtet war.

Im ersten Teil steuerte der Bonn-Poppelsdorfer Kantor Christoph Hamm Originalkompositionen und Bearbeitungen bedeutender österreichische Komponisten bei, unter die sich mit Peter Planyavsky ein Vertreter gesellte, der am Abend noch mehrmals für Furore sorgen sollte. Denn auch Norbert Trierweiler führte im zweiten Programmblock neben organistischen Schwergewichten wie Rudolf Bibl und Georg Muffat eine kleine Preziose von Planyavsky ("Vier Stücke für die Trompetenuhr") auf, der sich hier unter dem Pseudonym Plagyavsky Mozart versteckte. Planyavsky, langjähriger Organist und Professor der Wiener Musikhochschule, spielt in seinen humorigen Stücken mit einer furiosen Mischung aus Stilzitat und Originalverbrämung, die nicht nur für Experten zu erkennen ist.

Daher wurde gerade der abschließende dritte Programmblock zu einem musikalischen Erfolg. Gemeinsam musizierte die Kantorei Maria Königin mit dem von Franz Josef Stürmer einstudierten Sinfonieorchester Bergheim unter der Leitung von Gudrun Bonnemann Planyavskys Bach-Kantaten-Parodie "Der zufriedengestellte Autobus" des "Komponisten" P. P. Bach. Eine absurde Handlung - ein wild gewordener Autobus voller Touristen gerät in die Wiener Innenstadt - wird hier trefflich dargestellt von einer nicht minder abenteuerlichen Besetzung für einen Madrigalchor, ein Orchester, eine Grüne (Annabelle Heinen, Sopran) einen Evangelisten und Fremdenführer (Christoph Scheeben, Tenor) sowie einen Polizisten (Benjamin Heinen, Bass). Höhepunkt des ganzen Spektakels war das ganz besonders trockene Recitativo molto secco, bei dem es dem Tenor schier die Sprache verschlug.