20080415 ksta 450 320Kölner Stadt-Anzeiger - 15.04.2008 - Jab Rossbach

Lebendigen, reizvollen Schwung entfaltet

Als das Sinfonieorchester Bergheim im Juni vergangenen Jahres sein vielversprechendes Debüt gab, war das Interesse des Publikums noch etwas verhalten. Doch spätestens das Konzert am Sonntagabend zeigte, dass dieses Orchester immer mehr an Zugkraft gewinnt. Knapp 600 Zuschauer hatten den Weg ins Medio Rhein-Erft gefunden, darunter auch an die 100 Schüler. Denn mit einer neuen Aktion lockte der Veranstalter die Jugend ins Konzert. Für fünf Euro konnten Gruppen ab zehn Schüler das Konzert mit dem schungsvollen Titel "Sinfonische Reise durch Europa" erleben.

Eine echte Rarität gab es gleich zu Beginn des Konzertes zu erleben, denn so oft dürfte die "Sinfonia a gran Orquesta" des spanischen Komponisten Juan Crisostomo de Arriaga nicht auf deutschen Bühnen zu hören sein. Das viersätzige Werk, dessen Schöpfer noch vor seinem 20. Geburtstag an Lungentuberkolose starb, ging Dirigent Franz-Josef Stürmer gewohnt konzentriet an. Doch je länger die Sinfonie dauerte, desto deutlicher wurde, warum dieses irgendwo zwischen Haydn und frühem Schubert anzusiedelnde Werk bisher keinen Durchbruch erlebt hat.

Ein ganz anderes Kaliber ist dagegen die kolossale "rienzie"-Ouvertüre von Richard Wagner, mit der das Orchester den ersten Teil abschloss. Wuchtige Marschrhythmen, Jahresmarktlärm und ein durch und durch deutscher Ton ziehen sich durch dieses Werk. Über manch eine Unsauberkeit der Blechbläser musste man hinweghören, die das Kollektiv mit Schwung und sichtbarer Begeisterung wettmachte.

Nach der Pause gab es zunächst wieder ein gänzlich unbekanntes Werk zu entdecken, die Symphonia Nr. 3 g-Moll op. 36 der französischen Komponistin Louise Farrenc. Eine stellenweise facettenreiche und originelle Instrumentierung sowie gefällige Melodien zeichnen diese Symphonie aus, deren Schwung Franz-Josef Stürmer zu erhalten wusste.

Nach Spanien, Deutschland und Frankreich ging es in der letzten Etappe der Europa-Reise nun nach Tschechien. Und nach den unbekannten Klänge durfte jetzt eines der berühmtesten Werke überhaupt genossen werden, Smetanas "Moldau". Der Fluss der musikalischen Einfälle mit bildlichen Szenen wie der durch Hornfanfaren angekündigten Waldjagd oder den wilden Stromschnellen, bei der alle Orchesterinstrumente scheinbar chaotisch durcheinander wirbeln - all dies wurde unter dem energischen Dirigat von Franz-Josef Stürmer zum Klangerlebnis. Das junge Publikum war begeistert und erklatschte sich noch einmal den triumphalen Schulss der "Moldau".