Sinfonie Nr. 3 g-Moll
Jeanne-Louise Dumont, 1804 als Tochter eines berühmten Bildhauers in Paris geboren, wuchs in einer Künstlerkolonnie an der Sorbonne mit vielfältigen kulturellen Anregungen auf. Mit 6 Jahren erhielt sie Klavierunterricht und mit 16 erlernte sie die Harmonielehre bei dem angesehenen, aus Böhmen stammenden Konservatoriumsprofessor Antonín Reicha. Mit 17 heiratete sie den Flötisten und Musikverleger Aristide Farrenc, der ihr großes Talent neidlos anerkannte und förderte. 1826 gebar sie ihre Tochter Victorine, die eine hervorragende Pianistin wurde, aber 1849 an Tuberkulose erkrankte und 10 Jahre später starb.
Louise Farrenc war ebenfalls eine gute Pianistin und trat in Konzerten auf, in denen sie neben eigenen Kompositionen auch Sonaten von Beethoven spielte. Ab 1834 schrieb sie auch Orchesterwerke und größer besetzte Kammermusik. 1842 erhielt sie als erste Frau eine Professur für Klavier am Konservatorium. Allerdings durfte sie nur Frauen unterrrichten und bekam weniger Geld als ihre männlichen Kollegen. Louise Farrenc verstand sich aber in erster Linie als professionelle Komponistin und wurde auch von berühmten Kollegen wie Robert Schumann und Camille Saint-Saens als solche anerkannt.
Ihre Instrumentalmusik hatte es jedoch in Paris nicht leicht. Man war hier begeistert von der „Großen Oper“, von Meyerbeer, Cherubini und Rossini oder von virtuoser, aber oft etwas seichter Klaviermusik. Damit konnte Louise Farrenc nichts anfangen. Gemeinsam mit ihrem Mann versuchte sie, durch eine große Sammlung historischer Klaviermusik den Geschmack zu heben und veranstaltete historische Konzerte mit „alter Musik“. „Die Kenner und Dilettanten … reagieren eisig.“ schrieb Aristide Farrenc. Das war nicht erstaunlich, denn bereits 1830 hatte zum Beispiel der junge Hector Berlioz mit seiner Symphonie fantastique revolutionäres Neuland betreten.
Die Uraufführung der 3. Sinfonie von Louise Farrenc am 22.4.1849 im regulären Abonnementkonzert des Konservatoriums, wo es sonst vor allem beispielhafte Beethoven-Aufführungen gab, wurde trotzdem ein großer Erfolg: „Ein starkes und mutiges Werk, in dem der Glanz der Melodien mit der Vielfalt der Harmonie wetteifert,“ schrieb der Kritiker Giacomelli in „France Musicale.“
Die Sinfonie entfaltet von Anfang an mitreißenden Schwung. Die vollkommene Beherrschung der klassischen Formen und Kompositionstechniken bis zum Fugato sorgt für spannende Auseinandersetzung mit den musikalischen Themen. Schon das erste rhythmisch-prägnante Thema im Unisono ist ungewöhnlich kraftvoll. Es gibt überraschende Ausflüge in fremde harmonische Regionen und eine besonders facettenreiche Instrumentierung, vor allem bei den Holzbläsern. Sehr originell ist das rhythmisch vertrackte, schnell dahinhuschende virtuose Scherzo. Diese lebendige, eigenwillige Musik hat einen bleibenden Platz im Konzertrepertoire verdient.